Fachkräftemangel in der Logistikbranche – noch besteht Hoffnung

Die gute Nachricht vorab: Wenn die Logistikunternehmen bei jungen Menschen als berufliche Perspektivgeber heute nicht hoch im Kurs stehen, ist das kein unbeeinflussbares Schicksal der Branche. Johanna Niesik, Projektleiterin bei der Kasseler Gesellschaft für Projektierungs- und Dienstleistungsmanagement mbH (gpdm) kennt die Gemengelage schon seit 2005. „Damals haben wir gemeinsam mit vielen Betrieben aus der Region kräftig für eine Ausbildung zum:zur Berufskraftfahrer:in getrommelt. Innerhalb von zwei Jahren konnten wir 60 Jugendliche begeistern und damit die Berufsschulfachklassen an der hiesigen Oskar-von-Miller-Schule aufbauen und stabilisieren.“

Fachklassen gibt es immer noch. Aber inzwischen ist aus der Dreizügigkeit eine Einzügigkeit geworden, zumindest ab dem 2. oder 3. Ausbildungsjahr, wenn die ersten Ausbildungsabbrüche durch sind. Deshalb plant die gpdm, ihre damaligen Aktivitäten wieder aufzunehmen, denn diese mussten 2006 mit dem Ende einer Bundesförderung eingestellt werden. Das Thema hatten die Bildungsmanager der gpdm aber trotzdem weiter auf dem Zettel. Deshalb wanderten die Kasseler:innen inhaltlich nach Südniedersachsen in den Raum Göttingen aus. Ein vom Land Niedersachsen unterstütztes Projekt sorgt dort seit 2011 für steigendes Interesse an den typischen Branchenberufen Fachkraft für Lagerlogistik Berufskraftfahrer oder Kaufmann:Kauffrau für Spedition und Logistikdienstleistungen.


Durch die Anfrage eines Kasseler Kühllogistikers, der die Göttinger Aktivitäten beobachtete, kam es dann eher zufällig zur Rückbesinnung auf Nordhessen. Eine Anfrage der gpdm beim Land Hessen ergab, dass eine Initiative, die derzeit unter dem Arbeitstitel „Themenoffensive Logistik“ firmiert, unterstützt würde. Vorausgesetzt, die Unternehmen geben ebenfalls Geld dazu, und zwar 50 % des Gesamtvolumens. Gefördert wird in diesem Fall eine Imagekampagne bei noch unentschiedenen Jugendlichen für die Branchenberufe. „Genau das ist unser täglich Brot“, betont Johanna Niesik, „aber wir wollen nicht nur Hochglanzpapier bedrucken, das können andere auch und viel besser. Die Krux eines solchen Projektes ist die Arbeit vor Ort. Wir müssen an die Zielgruppe ganz dicht und echtzeitig ran.“ Deshalb findet die „Themenoffensive Logistik“ auch zum großen Teil direkt in den Schulen statt. Das ist nicht einfach, denn inzwischen denken auch andere Branchen so.

Die Schulen sind über diese Entwicklung im Grunde froh, müssen die Anfragen aber steuern. In Kassel kümmern sich Mitarbeiter:innen des Regionalen Übergangsmanagements, der IHK und schulinterne Koordinatoren um alle berufsorientierenden Maßnahmen.

Gemeinsam mit diesen Partnern wurde am 25. September der Prototyp einer konzertierten Werbe-und Informationsveranstaltung für die Logistikberufe durchgeführt. Zentraler Ort war die Valentin-Traudt-Schule in Kassel. Ein Berufsinformationsstand, ein zu besichtigender Lkw der Fa. Kördel aus Kassel, ein Auszubildender zum Berufskraftfahrer im 2. Lehrjahr, ein Imagefilm und mehrere Mitarbeiter:innen der gpdm bildeten das Gesamtsetting. Aus fünf weiteren Schulen kamen im Laufe des Vormittags nach einem fein abgestimmten Zeitplan Schülergruppen, um sich über Chancen und Perspektiven der Logistikbranche zu informieren. „Der Test hat sehr gut funktioniert, zwei Schulen  haben  bereits  angeboten, beim nächsten Mal Gastgeber zu sein“, resümiert Johanna Niesik. Besonders erfreulich ist, das 24 Mädchen und Jungen einen Kontaktbogen ausgefüllt haben, um weiter in Sachen Logistik am Ball zu bleiben. Es gibt also Grund zu der Annahme, dass es der Branche mit einem gewissen Engagement gelingen kann, die Zahl motivierter Bewerber:innen wieder zu erhöhen.